Maja Reinmann
Zum 40. Mal wird das Obergösger Beizlifäscht durchgeführt
1899 gegründet, lud der Männerchor Liederkranz Hägendorf am vergangenen Samstag zum Festakt ins Seniorenzentrum Untergäu. Dabei machten ihm unter anderem Vertreter aus Kanton, Gemeinde, der Dorfvereine und selbst der «Rivale» aus Hägendorf die Aufwartung.
Hägendorf Erich Küenzi, Vizepräsident des Hägendörfer Männerchors, führte am Samstagabend, 16. März, durch den Festakt des jubilierenden Vereins, gespickt mit Gesangseinlagen, Reden und einem abschliessenden Apéro riche. Vereinspräsident Peter Moser betonte in seiner Begrüssung der geladenen Gäste, dass 125 ein hohes Alter für einen Verein sei. Bereits 1863 hätten gesangsfreudige «Jünglinge» einen Männerchor in Hägendorf gegründet. Nachdem jedoch der anfängliche Eifer verebbt und das Vereinskapital vertrunken war, sei der Chor wieder aufgelöst worden. Auch vier weitere Versuche, den Männergesang im Dorf zu etablieren, seien gescheitert. Bis am 18. Januar 1899 der Männerchor Liederkranz Hägendorf unter der Leitung von Lehrer Gottlieb Leuthi gegründet und erfolgreich fortgeführt wurde.
Die Zeiten haben sich jedoch geändert: Heute bekunden viele Vereine Mühe, Nachwuchs zu finden. Gemäss Peter Moser bestand der Sängerverband Olten-Gösgen 1987 noch aus 17 Vereinen mit rund 500 Sängern. Davon sind heute gerade mal noch 6 Vereine mit 188 Sängern übrig geblieben; der besagte Verband wurde 2019 aufgelöst. Auch die Mitglieder des Hägendorfer Männerchors weisen durchschnittlich stolze 77 Jahre auf. Dennoch versuchen die derzeit 28 aktiven Sänger dem Wandel der Gesellschaft getreu dem Motto «Niemals aufgeben» zu trotzen, pflegen weiterhin die Kameradschaft und frönen dem Singen. Ein abwechslungsreiches Repertoire von Schlager über Volkslieder bis hin zu Renaissance-Kompositionen sorgt zudem für Abwechslung bei den Proben, genauso wie die Auftritte an den verschiedensten Anlässen. Nicht zuletzt würden auch die Partnerinnen der Chormitglieder eine wichtige Rolle dabei spielen, dass der Verein noch immer existiert: «Sie sind fast immer an den Anlässen dabei – und fast immer begeistert», schmunzelte Peter Moser.
Regierungsrat Remo Ankli stellte in seinem Grusswort Parallelen zwischen Politik und Chorgesang auf. Dies, obwohl er in einem Interview mit einer Chorleiterin gelesen habe, das Chorsingen rein gar nichts mit Demokratie zu tun habe: «Wenn da jeder mitreden wollte, kämen wir zu nichts. Chorsingen ist Diktatur!», zitierte er die Leiterin. Dennoch gebe es laut Ankli Ähnlichkeiten zur hiesigen Politik. So sei der Solothurner Regierungsrat ebenfalls während vieler Jahrzehnte ein Männerchor gewesen, ehe er zu einem gemischten Chor wurde. Zu Bass, Tenor und Bariton hätten sich Alt und Sopran dazugesellt. Es gebe aber auch tiefergehende Vergleiche. So habe Ankli bei seiner weiteren Recherche zehn goldene Regeln für Chorsänger gefunden, darunter: «Sei aufmerksam bei der Sache, höre den anderen stimmen zu», oder «Sei offen für Neues, auch wenn sich anfangs alles in dir sträubt».
Edith Ursprung, Präsidentin des Solothurner Kantonal-Gesangsvereins, gratulierte dem Männerchor zum Jubiläum und war stolz darauf, dass der Verein ein derart guter Botschafter für die Leidenschaft des Chorsingens sei. Singen mache nicht nur glücklich, sondern stärke auch das Immunsystem. Es sei eine ideale Methode, um Körper und Geist in Harmonie zu bringen. «Stets ist die Rede davon, dass Sport gesund sei. Aber singen ist gesünder und weniger gefährlich!», so Ursprung. Und nicht zu letzt habe sie in einem Artikel gelesen, dass Charles Darwin bei Vögeln beobachten konnte, wie die besten Sänger auch die grössten Chancen bei der Partnersuche hatten, was für Lacher bei der versammelten Menge sorgte.
Hägendorfs Gemeindepräsident Andreas Heller wiederum machte darauf aufmerksam, dass der Jahrgang 1899 ein gutes Jahr für erfolgreiche Vereine sei. So wurden damals der FC Barcelona sowie die AC Milan gegründet. Der Männerchor Liederkranz sei Teil der Hägendörfer Dorfseele. «Wenn ich singe, beeinflusst dies die Work-Life-Balance meiner Zuhörenden negativ», so Heller. «Dies heisst handkehrum auch, dass ich guten Gesang erkenne, wenn ich ihn höre. Und dies ist bei unserem Männerchor definitiv der Fall.» Der Chor sei für das Dorf aber noch viel mehr. Er zeichne sich insbesondere durch fleissige, wohlwollende Menschen aus, die als Vorbilder dienen.
Besonders geschätzt wurde am Festakt der Gastauftritt des Männerchors Kappel, welcher gemäss Erich Küenzi mit dem Männerchor Liederkranz ein kompetitives, aber durchwegs freundschaftliches Verhältnis pflege. Die Nachbarn hatten zu ihrem 150. Geburtstag (bzw. coronabedingt zum 153. Geburtstag) vom Männerchor aus Hägendorf die Noten zum Stück «Congratulations» erhalten . Und genau mit diesem Lied beglückwünschten die Kappeler Sänger nun den Männerchor Liederkranz. Und selbstverständlich wurden ebenfalls Noten für ein neues Stück geschenkt. Neues Liedgut erhielt der Männerchor aus Hägendorf zudem auch von Irène Dietschi, der Präsidentin des röm.-kath. Kirchenchors Hägendorf-Rickenbach, welche ihrerseits Grussworte überbrachte.
Hans Sigrist hat in unzähligen Stunden eine 64-seitige Festschrift zum 125-jährigen Bestehen des Männerchors verfasst. Die Lektüre bietet einen Einblick in die Ursprünge des Chors, genauso wie in vergangene Jubiläen. Gleichzeitig wird auf die grossen Herausforderungen der letzten Jahrzehnte aufmerksam gemacht, denen sich der Chor stellen musste. Aufgelockert werden die Texte durch zahlreiche Impressionen, welche die Leserschaft bildlich in die Zeiten von damals reisen lassen. Die Festschrift kann via Website des Männerchors gratis heruntergeladen werden.
Im grossen Stil wird schliesslich beim Jubiläumskonzert vom 25. und 26. Mai in der Mehrzweckhalle Rickenbach mit der Öffentlichkeit gefeiert. Dort wird der Chor wie schon 2022 durch Musicaldarsteller Rolf Sommer unterstützt.
David Annaheim
Infos zum Verein: www.maennerchor-haegendorf.ch
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