Martin Richiger
Die neue Gruppe "Burg-Geischter" will der Gemeinde Obergösgen mit Arbeitseinsätzen etwas…
Rémy Wyssmann.
Bild: zvg
Während die Bevölkerung unter der Teuerung leidet, plant die Kantonsregierung, die Löhne von Spitzenbeamten massiv zu erhöhen.
Herr Wyssmann, Sie haben die Veröffentlichung eines geheimen Regierungsratsbeschlusses erwirkt. Um was geht es?
Rémy Wyssmann: Während der Budgetdebatte im Kantonsrat Ende 2022 habe ich auf der Homepage des Kantons zufällig einen Regierungsratsbeschluss (RRB) entdeckt, der als «nicht öffentlich» klassifiziert wurde. Ich habe dann ein Zugangsgesuch gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz gestellt. Nachdem ich über einen Monat nichts mehr gehört habe, leitete ich bei der kantonalen Öffentlichkeitsbeauftragten ein Schlichtungsverfahren ein. Danach habe ich den Regierungsratsbeschluss innert 48 Stunden vom Staatsschreiber erhalten.
Um was geht es in diesem Regierungsratsbeschluss?
Rémy Wyssmann: Kurz zusammengefasst will der Regierungsrat die Löhne handverlesener Spitzenbeamter «überprüfen». Handverlesen bedeutet: Direkt dem Regierungsrat unterstellt. Diese Löhne seien bis zu 10% zu tief im Vergleich mit den Kantonen Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Aargau und Bern. Das habe ein Lohnvergleich einer privaten Firma mit dem sinnigen Namen «perinnova compensation GmbH» ergeben. Im Falle einer Anpassung solle diese rückwirkend per 1. Januar 2023 erfolgen. Dabei geht es um Löhne zwischen Lohnstufe 24 (Maximallohn: CHF 166'000.--) und 31 (Maximallohn: CHF 230'000.--). Eine Aufstufung würde also eine Lohnerhöhung von CHF 16'600.— bis CHF 23'000.— bedeuten.
Was soll daran problematisch sein?
Rémy Wyssmann: Wenn die Lohnerhöhung rückwirkend per 1. Januar 2023 erfolgen soll, dann ist das Ganze beschlossene Sache. Von einer blossen «Überprüfung» kann keine Rede sein. Problematisch ist das Vorgehen auch deshalb, weil man nur 36 ausgewählte Spitzenbeamte mit einer massiven Lohnerhöhung von bis zu 10% privilegieren will. Derweil soll sich der grosse Rest des Staatspersonals mit einer Teuerungszulage von 1,5% begnügen. Von der Gesamtbevölkerung ganz zu schweigen, die in grossen Teilen gar keinen Ausgleich erhält, dies bei stetig steigenden Lebenshaltungskosten.
Gab es im Kantonsrat dazu eine Debatte?
Rémy Wyssmann: Ja, wir haben das Thema mit einer Interpellation bereits im Februar 2023 auf das politische Parkett gebracht. Weil die Lohnerhöhung rückwirkend auf den 1. Januar 2023 erfolgen soll, wollten wir die dringliche Behandlung des Vorstosses. Die Mehrheit des Kantonsrates sah die Dringlichkeit nicht gegeben.
Wie verlief die Debatte im Kantonsrat?
Rémy Wyssmann: Ernüchternd. Die vereinigten Regierungsratsparteien (SP, Grüne, Mitte, FDP) sahen kein Problem. Die SP verteidigte die Erhöhung der sonst schon hohen Löhne der Spitzenbeamten. Einen Antrag auf Erhöhung der tieferen Löhne des Staatspersonals um 10% stellte die SP nicht. Ein SP-Kantonsrat ereiferte sich dafür darüber, dass ich die geplante Lohnerhöhung als «Günstlingswirtschaft» bezeichnete. Und der zuständige Regierungsrat Peter Hodel verlangte eine kosmetische Sprachkorrektur: Seine Politik als oberster Personalchef sei nicht geheim, sie sei einfach «nicht öffentlich».
Was passiert nun als nächstes?
Rémy Wyssmann: Der Kantonsrat sah kein Problem in dieser Lohnerhöhung, obwohl ihm die geheimen Zusatzdokumente des RRB noch gar nicht bekannt waren. Ich habe deshalb ein weiteres Zugangsgesuch zu diesen beiden Dokumenten gestellt. Am 26. Juni wurde mir dann vom Personalamt mitgeteilt, dass der Lohnvergleich der «perinnova compensation GmbH» weiterhin geheim sei, weil man die Geheimhaltung der Firma zugesichert hat. Immerhin wurden mir dann noch die Eckpunkte des geplanten Kaderreglements zugestellt. Aus diesen ergibt sich die Abschaffung der Stempelpflicht. Ich musste schmunzeln…
Warum?
Rémy Wyssmann: Weil das Nichteinhalten der Stempelpflichten zu arbeitsrechtlichen Streitigkeiten im Steueramt geführt hat.
Sie meinen, den berühmten Abgang des Steueramts-Chefs?
Rémy Wyssmann: Ja, genau! Lange war ja nicht klar, weshalb der Chef des Steueramts gehen musste. Nun brachte ein Gerichtsurteil etwas Licht ins Ganze: Ausgerechnet auf dem Steueramt schummelte demnach eine Mitarbeiterin beim Stempeln. Und das gemäss Berichterstattung in der «Solothurner Zeitung» nicht in geringem Ausmass: So habe sie an einem Samstag um 17.20 Uhr im Büro in Solothurn eingestempelt und liess nachträglich das Arbeitsende auf 18.45 Uhr mutieren. Dabei war sie kurz vor Ladenschluss in der Migros Langendorf von einem Mitarbeitenden des Steueramtes gesichtet worden. Offensichtlich konnte sie also nicht an ihrem Arbeitsplatz in der Solothurner «Schanzmühle» sitzen. Ebenso soll sie mehrfach in den Mittagspausen nicht ausgestempelt haben, korrigierte nachträglich die Arbeitszeit zu Unrecht oder sass beim Coiffeur, während die Stempeluhr lief. Sie habe «ihre Arbeitszeit wiederholt vorsätzlich falsch zu ihren Gunsten erfasst», hiess es im Gerichtsurteil. Im Juni 2019 wurde der Frau deshalb fristlos gekündigt.
Was haben Sie sonst noch vom Personalamt erhalten?
Rémy Wyssmann: Ein interessantes Schreiben der «perinnova compensation GmbH».
Interessant inwiefern?
Rémy Wyssmann: In mehrfacher Hinsicht. Einmal, weil die Firma behauptet, dass ihr die angeblich heiklen und geheimen Daten vom Regierungsrat geschickt wurden. Und da stellt sich bei mir die Frage gestützt auf welcher Rechtsgrundlage. Gleichzeitig behauptet aber die Firma mit Berufung auf das Geschäftsgeheimnis, dass die Daten nun ihr gehören. Mit anderen Worten: Der Regierungsrat lieferte geheime Daten und die Firma macht nun ein Geschäft damit. Gleichzeitig behauptet die Firma, dass sich der Regierungsrat gegenüber der «perinnova compensation GmbH» zur Geheimhaltung verpflichtet und damit das verfassungsrechtliche Öffentlichkeitsprinzip ausgehebelt hat. Interessant auch der Hinweis der «perinnova compensation GmbH», dass Lohnklagen zu befürchten sind, wenn die Daten öffentlich würden.
Haben Sie noch einen Pfeil im Köcher?
Rémy Wyssmann: Ja, klar! Wer mich kennt, weiss, dass ich dran bleibe! Zur Zeit läuft das zweite Schlichtungsverfahren gegen den Regierungsrat auf Herausgabe des perinnova-Lohnvergleichs. Ich bin gespannt, ob sich die Geheimhaltungspolitik des Regierungsrates aufrecht erhalten lässt.
Für Rückfragen:
Mobile: 079 695 80 84
E-Mail: rw@sozietaet.ch
Lade Fotos..