Beni Wullschleger
Stabübergabe bei der Schifferzunft zur Woog in Aarburg
Er ist gemeinsam mit der Alten Holzbrücke das Wahrzeichen Oltens: der Stadtturm. An einer öffentlichen Führung von Region Olten Tourismus vom letzten Samstag wurde ein spannender Einblick in den imposanten Bau gewährt.
Olten Innert kürzester Zeit wurde die Stadt Olten durch zwei verheerende Brände ins Elend gestürzt: 1411 brannte der Bereich Zielemp und elf Jahre später das Gebiet rund um den Ildefonsplatz, auf welchem heute der Stadtturm steht. Auch die sich seinerzeit dort befindende Kirche und deren Archiv brannten 1422 nieder. «Zu dieser Zeit lag Olten unter der Verwaltung von Basel», erzählt Emile Stricker, Stadtführer von Region Olten Tourismus. «Die Basler wollten Olten eigentlich zu deren Eingangstor machen, aufgrund der Verarmung haben sie die Stadt jedoch fallen lassen und vier Jahre nach dem Brand an den Kanton Solothurn verkauft.»
Die finanziellen Mittel fehlten somit lange, ehe 1461 an selber Stelle eine neue Kirche erstellt werden konnte. Deren Einweihung erfolgte am zweiten Sonntag im August. Ein Datum, das bis heute nicht an Bedeutung verloren hat: An diesem Wochenende findet nämlich die Oltner Chilbi statt. Doch für einen Kirchenturm hatte das Geld 1461 noch nicht gereicht. Erst 60 Jahre später, 1521, wurde dieser westlich der Kirche angebaut. Wer heute um den Stadtturm läuft, wird die Kirche allerdings vergeblich suchen. Denn als 1813 die neue Stadtkirche bei der Kirchgasse eingeweiht wurde, gab es für die kleinere Kirche auf dem heutigen Ildefonsplatz keinerlei kirchliche Verwendung mehr. Nachdem sie mitunter als Feuerwehrlokal umgenutzt wurde, erfolgte deren Abbruch im Jahr 1837. Die Stadt war aber nach wie vor nicht reich: «Die damaligen Türme der Stadtkirche waren nur aus Holz gebaut und man konnte entsprechend keine Glocken montieren», so Emile Stricker. «Daher wurden die Gottesdienste und andere Anlässe weiterhin vom Stadtturm aus eingeläutet.»
Der Stadtturm ist 42 Meter hoch, wirkt von aussen jedoch wesentlich imposanter als von innen. Hinauf führt eine schlichte Holztreppe, die ihren Zweck erfüllt. Ein erster Zwischenstopp erfolgt bei einer Metallrampe. Diese lässt sich aus einem Fenster hinausfahren und wird zwei Mal jährlich benutzt: für die Rede des Obernaars zum Fasnachtsbeginn sowie für die Turmrede der Kabarett-Tage. Eine Etage weiter oben kann die Aussicht in alle vier Himmelsrichtungen genossen werden. Dort befindet sich auch das Uhrwerk, das in einen Holzschrank eingebaut wurde. Und den Einkerbungen zu Folge hat sich in früheren Jahrzehnten schon so manch verliebtes Pärchen darin zeitlos verewigt. Mit der Pünktlichkeit nehmen es die elektronisch gesteuerten Glocken hingegen nicht so genau: Rund 45 Sekunden vor jeder vollen (Viertel-)Stunde wird ebendiese hallend verkündet.
Nebst den sich ein Stockwerk über dem Uhrwerk befindenden Glocken, welche die Zeit akustisch wiedergeben, befindet sich direkt unter der Kuppel noch eine weitere, spezielle Glocke. «Die Betzeitglocke läutet im Sommer jeden Abend um 20.30 und im Winter um 18.30 Uhr», weiss Emile Stricker. «Dies geht auf die Pestepidemie zurück: 1629 ereignete sich die grösste Pestwelle, welche nur 200 Oltnerinnen und Oltner überlebt hatten. An der Chilbi fiel plötzlich jemand um, worauf sich alle um die Person kümmern wollten. Deren eigenes Schicksal war somit besiegelt.» Deshalb wurde beschlossen, die Glocke jeden Abend läuten zu lassen, um die Leute zum Beten aufzurufen, damit Gott sie von der Pest verschonen würde.
Übrigens: Der Stadtturm ist nicht nur für die Menschen von Nutzen: Auf Höhe der Glocken befinden sich Nistkästen für Alpen-, Mauersegler sowie Dohlen, die sich allesamt auf der roten Liste der bedrohten Tierarten befinden.
David Annaheim
21. Juli: «Historische Altstadt»
3. August: «Stadtkirche»
7. September: «Tüfelsschlucht» und «Satirischer Spaziergang mit Strohmann-Kauz»
Weitere Infos zu den öffentlichen Führungen: www.oltentourismus.ch
Lade Fotos..