Martin Richiger
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Der Kanton Solothurn muss sparen. Mit dem nächsten ÖV-Fahrplan sollen daher mehrere Buslinien gestrichen werden, die sehr unrentabel sind. Dazu gehört auch die Linie 517 von Dulliken nach Mahren, auf welche unter anderem jene Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung angewiesen sind, die in der sozial-therapeutischen Einrichtung Buechehof arbeiten.
Mahren Aktuell finden in der Schweiz Aktionstage für die Behindertenrechte unter dem Motto «Zukunft Inklusion» statt. Auch derKanton Solothurn macht mit. «Im Kanton Solothurn haben wir ein inklusives Gesellschafts-Verständnis. Im Rahmen unseres kantonalen ‹Leitbilds Behinderung› erklären wir unsere Absicht, dass Menschen mit und ohne Behinderungen gleichberechtigt und selbstbestimmt zusammenleben können», heisst es auf der entsprechenden Website. Und in einem Leitsatz des erwähnten Leitbilds wird festgehalten: «Im Kanton Solothurn sind alle Menschen in ihrer Mobilität selbstbestimmt und unabhängig unterwegs.»
Über derlei Papier-Bekenntnisse können die Verantwortlichen und deren Klientel im Buechehof in Mahren derzeit nur den Kopf schütteln. Zu den Linien im Kanton, welche einen ungenügenden Kostendeckungsgrad aufweisen und die mit dem neuen Fahrplan aufgehoben werden sollen, gehört nämlich auch die Linie 517, welche von Dulliken bis direkt vor die Haustür des Buechehofs führt. «Unsere Klientinnen und Klienten sind wochentags praktisch täglich auf den Bus angewiesen», erklärt Sonya Egger, Vorsitzende der Buechehof-Geschäftsleitung und Verantwortliche für die Bereiche Arbeit und Integration. Seit 22 Jahren arbeitet sie im Buechehof und konnte in dieser Zeit im Kanton viele positive Entwicklungen im Bereich der Inklusion feststellen. Ein Meilenstein war mitunter die Einführung der Buslinie nach Mahren im Jahr 2018. «Bis zu diesem Zeitpunkt musste unsere Klientel den rund 20-minütigen Weg von der nächstgelegenen Bushaltestelle in Lostorf zum Buechehof zu Fuss bestreiten», berichtet Egger am vergangenen Montagmorgen an der Bushaltestelle «Dulliken Zentrum» beim Warten auf den Bus. Letzterer wird einen Teil der Buechehof-Klientel um 7.36 Uhr nach Mahren befördern. «Mit der Einführung der Buslinie konnten neu auch Menschen im Buechehof beschäftigt werden, für welche der Fussweg nicht zumutbar war», erklärt Sonya Egger, weshalb man mit der Aufhebung der Linie nicht einfach zurück zum Status quo von anno dazumal übergehen könne. Was sich für viele wie eine Selbstverständlichkeit anfühlt, sei es für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung eben gerade nicht: Die Buslinie biete für viele Beeinträchtigte den Vorteil, über den Mittag nach Hause gehen zu können. «Aber auch externe Termine wie Therapien in Lostorf können mit dem Bus eigenständig und speditiv wahrgenommen werden», ergänzt Egger.
Nicht zuletzt helfe die Buslinie, Auswärtigen einen Blick in den Buechehof zu gewähren: «Gleich heute Nachmittag schaut zum Beispiel eine Kindergartenklasse aus Dulliken mit dem Bus im Buechehof vorbei.»
Inzwischen wartet auch Buechehof-Klientin Sarah in Dulliken auf den Bus. Wie würde sie es finden, wenn dieser künftig gestrichen würde? «Scho Scheisse.» Sarah besitzt ein GA, wohnt in Olten in der Nähe vom Bifang und muss entsprechend in Dulliken umsteigen. «Für viele Klientinnen und Klienten ist das Umsteigen eine grosse Herausforderung», teilt Sonya Egger mit. «Einmal geht ja noch, aber mit dem Wegfall der Linie müssten jene, die mitunter aus Wolfwil, Dulliken und Olten stammen, bis zu drei Mal umsteigen.»
Unterwegs im Bus nach Mahren füllt sich der Bus derweil langsam aber stetig mit weiteren Personen mit dem Ziel Buechehof. Nach einer 15-minütigen Fahrt ist dieses schliesslich erreicht. Der mittlerweile rund zur Hälfte gefüllte Bus leert sich und der Arbeitstag der Buechehof-Klientel kann beginnen. Gemäss Sonya Egger würden rund 15 Klientinnen und Klienten den Bus wochentags täglich für den Arbeitsweg benutzen. Ohne die Linie 517 dauert zum Beispiel die Anreise von Dulliken her rund vier Mal länger.
Das kantonale Gesetz über den öffentlichen Verkehr ist grundsätzlich eindeutig, was den minimal erforderten Kostendeckungsgrad betrifft. In Paragraf 5 wird festgehalten: «Angebote des Ortsverkehrs und des Ausflugsverkehrs haben einen Kostendeckungsgrad (KDG) von mindestens 20 Prozent aufzuweisen.» Der berechnete KDG der Linie 517 beträgt jedoch lediglich 16,13 Prozent, was einem der niedrigsten KDG im Kanton entspricht. Der Kanton wendet also nur geltendes Recht an, wenn er die Linie streicht.
Wie exakt aber die kalkulierten Erlöse sind, welche für die Berechnung des Kostendeckungsgrades verwendet werden (KDG = Erlöse geteilt durch Kosten), kann bei der Abteilung Öffentlicher Verkehr des Kantons Solothurn auf Anfrage nicht beantwortet werden. Denn: Der Einnahmeverteilschlüssel sei je nach Tarifverbund unterschiedlich.
Was Sonya Egger jedoch nicht versteht, ist, weshalb von Seiten Kanton gar nicht erst Kompromisse, z. B. eine reduzierte Anzahl Fahrten pro Tag, gesucht wurden: «Dass der Bus nach Mahren um halb sechs Uhr morgens ziemlich leer ist, dürfte wohl kaum jemanden überraschen.» Zudem sei die BOGG bis vor rund einem halben Jahr noch mit dem Kleinbus auf der Linie unterwegs gewesen, während inzwischen nur noch normale Busse verkehrten. «Da muss man sich auch nicht über die nun tiefere Auslastung verwundern», so Egger.
Der Kantonsrat wird voraussichtlich übernächste Woche das Globalbudget für den öffentlichen Verkehr behandeln. Vonseiten Buechehof habe man mehrere Kantonsräte angeschrieben und hoffe, dass ihre Anliegen positiv aufgenommen werden. Weiter wird auch auf die Unterstützung der Gemeinde Lostorf gehofft. «Nicht zuletzt auch, weil der Buechehof mittlerweile der zweitgrösste Arbeitgeber im Dorf ist», hält Sonya Egger abschliessend fest.
David Annaheim
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