Alfred Wittich
In Aarburg wurde eine Katzenausstellung durchgeführt.
Historische Reflexion, aktuelle Herausforderungen und gesellige Tradition prägten die diesjährige St. Sebastiansfeier, organisiert von den Stadtschützen Olten.
Olten An Prominenz fehlte es an der diesjährigen Bastiansfeier (St. Sebastian ist der Schutzpatron der Schützen) im Oltner Konzertsaal beileibe nicht. Die Aufwartung machten mitunter der gesamte Regierungsrat des Kantons Solothurn, National- und Ständeräte, aber auch alt Bundesrat Samuel Schmid sowie Nina Christen, Olympiasiegerin in Tokio 2021 im Kleinkalibergewehr Dreistellungskampf. Zu Ehren des 94-jährigen Samuel Heuer, dem ältesten der ehemaligen Bastiansväter, wurde zudem dessen eigener Marsch abgespielt. Wer einen Marsch sein Eigen nennen darf, der hat es in der Tat zu etwas gebracht im Leben!
Heinz Eng, Präsident der Stadtschützen Olten, nahm die rund 280 Anwesenden Gäste mit auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. Am 18. Januar 1925 habe sich der Chef des Militärdepartements des Kantons Solothurn für die Feier entschuldigen müssen. Er schrieb: «Ich bitte Sie höflich, mich von der Teilnahme an der schönen Feier, von der ich schon so viel gehört habe, zu distanzieren. Derartige Feiern bekommen mir nicht mehr recht; gewöhnlich brennt das jugendliche Temperament mit mir durch und anderntags muss ich es schwer büssen.» Eng überliess es schmunzelnd dem Publikum, dem es an Getränken nicht fehlte, zu interpretieren, was damit gemeint war.
Es folgte ein Zeitsprung ins Jahr 1943, als die Tradition des in der Regel jährlich wechselnden Bastiansvaters ihren Anfang fand. «1943 war der Zweite Weltkrieg in vollem Gange und Nazi-Deutschland noch lange nicht besiegt», so Heinz Eng. «Tod, Elend und Verderben waren in Europa allgegenwärtig.» Auch in der Schweiz hätten entsprechende Ängste in der Endphase des Kriegs zugenommen. «In dieser schwierigen Zeit haben die Stadtschützen Olten die Idee aufgegriffen, mit der Ernennung eines Vater Bastians auf nationaler Ebene die Reihen der Schützinnen und Schützen zu schliessen und in dessen Person den nationalen Zusammenhalt zu fördern. Die schirmische Herrschaft des Vaters Bastian soll mit uns Schützinnen und Schützen im Verbund mit der Armee, Politik und Wirtschaft die Resilienz, den Glauben an unser Land und dessen Tugend stärken und weit über die eigenen Grenzen hinaustragen. Das ist der wahre Grund und die Legitimation der seit 1811 bestehenden St. Sebastiansfeier.» Daher sei es auch wichtig, dass die Nationalhymne ab sofort stets zu Beginn der Feier gespielt und gesungen werde.
Die Ehre zur Ernennung des Bastiansvaters gebührte heuer Korpskommandant Hans-Peter Walser. «Im aktuellen Umfeld ist es von grosser Bedeutung, dass wir Schweizerinnen und Schweizer unseren Willen manifestieren, für unser Land einstehen und damit auch zeigen, wie gefestigt wir als demokratische Gesellschaft sind», erklärte Walser. Man tue gut daran, nach mehr als 30 Jahren Friedensdividende – also der Entlastung des Staatshaushaltes durch die Senkung der Militärausgaben – die Milizarmee wieder umfassend verteidigungsfähig zu machen. «Das Parlament hat für die Nachrüstung beziehungsweise Ausrüstung – und ich spreche nicht von Aufrüstung – den ersten Schritt gemacht.» Die Milizarmee sei so auszurüsten, dass die Bürger und Bürgerinnen in Uniform im Einsatzfall Aussicht auf Erfolg haben; alles andere sei und wäre nicht fair.
Der Cyber- und Informationsraum werde indes bereits heute von verschiedenen Akteuren intensiv bewirtschaftet. Was die Information betreffe, bedeute Widerstandskraft in erster Linie Vertrauen in die Politik, die Behörden, die Sicherheitsorganisationen und damit auch in die Armee. «Doch wie fest vertrauen Sie beispielsweise Beiträgen aus dem Internet?», fragte Walser rhetorisch in den Saal. «Die ehemalige US-amerikanische First Lady und zweifache Mutter Michelle Obama sei ein Mann, die Kondensstreifen von Flugzeugen enthielten Chemikalien, welche unsere Gedanken manipulieren und es gibt noch immer Leute, die Glauben, dass die Erde eine Scheibe sei.» Falsche Informationen, oder noch schlimmer, kleine Manipulationen an wahren Informationen seien nicht stets so amüsant und offensichtlich wie die genannten Beispiele und könnten im schlimmsten Fall schwerwiegende Auswirkungen auf das Funktionieren politischer und staatlicher Systeme haben. Dies seien Herausforderungen, welche sich mit KI und sogenannten «Deepfakes» weiter akzentuieren würden. Walser ist überzeugt, dass das auf dem Föderalismus und Miliz basierende System entscheidend zum hohen Vertrauen in die Behörden und Institutionen beitrage. Denn wo ausser in der Schweiz sei diese Nähe zu den Behörden noch möglich? «Erheben wir das Glas auf gegenseitiges Vertrauen, Respekt, auf unsere Schweiz, auf Sicherheit und Freiheit in Ehre und Treue!»
Als Bastiansredner konnte heuer Thierry Burkart, Präsident der FDP.Die Liberalen Schweiz, gewonnen werden. «Ich nehme sehr gerne an Anlässen des Schützenwesens teil, denn dieses steht einerseits für kameradschaftliche Geselligkeit, sportlichen Wettkampf, aber auch für Tradition und für die Milizarmee», so Burkart. Das Schützenwesen stehe aber auch für die Unabhängigkeit: Freiheit werde einem nie geschenkt, Freiheit müsse man sich verdienen und sie müsse immer wieder erkämpft werden. Nicht zuletzt sei der Bundesstaat 1848 gegründet worden, um eine Einheit zu bilden und sich für die genannten Werte einzusetzen. So laute das Motto der Schweizerischen Eidgenossenschaft denn auch unus pro omnibus, omnes pro uno – einer für alle, alle für einen.
Abschliessend strich Thierry Burkart erneut die Wichtigkeit des Schützenwesens hervor, denn ohne dieses gäbe es keine Milizarmee. «Lasst uns in diesem Sinne kämpfen für die Freiheit in diesem Land, für den liberalen Bundesstaat, für unsere Werte und unsere Schweiz. Wie Henry Ford einst sagte: Zusammenkommen ist ein Anfang, Zusammenbleiben ein Fortschritt, Zusammenarbeiten ein Erfolg.»
Das Ende der St. Sebastiansfeier bildete wie immer das «Heideröslein» von Johann Wolfgang von Goethe. Dabei besteigt die versammelte Gemeinde jeweils die Tische und trägt das Lied voller Herzblut, unterstützt durch die Stadtmusik Olten vor. Der krönende Abschluss für einen traditionsreichen Anlass.
David Annaheim
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