Thomas A. Müller
Lostorfs Gemeindepräsident blickt zurück auf das Jahr 2024
Samstag, 25. Januar 2025
Nicht nur die Ofenanlage ist in die Jahre gekommen, sondern auch das Krematoriumsgebäude mit Abdankungshalle.
Bild: da
Da der Oltner Stadtrat seit dem Volks-Ja zur Fortführung von Feuerbestattungen im Oltner Krematorium im Jahr 2021 offenbar zur Erkenntnis gelangt ist, dass nicht nur die Ofenlinie erneuert, sondern auch das dazugehörige Gebäude saniert werden muss, empfiehlt er dem Stimmvolk die Meinung aufgrund der hohen Kosten nochmals zu überdenken.
Olten 8,9 Millionen Franken würde eine neuen Ofenlinie inklusive Sanierung des dazugehörigen Gebäudes mit Abdankungshalle kosten. Doch weshalb muss die Bevölkerung nun erneut über das Krematorium abstimmen, wo sie sich doch schon vor weniger als zwei Jahren mit 54% für dessen Weiterbetrieb ausgesprochen hat? Auf Anfrage teilt Stadtpräsident Thomas Marbet mit, bei der Abstimmung vom April 2021 habe kein Preisschild für die Sanierung des Krematoriums vorgelegen. «Heute sind die Kosten für die beiden Varianten mit und ohne Erneuerung der Ofenlinie bekannt. Bei der Variantenabstimmung wird sich deshalb der Wählerwille der Oltnerinnen und Oltner definitiv und im Bewusstsein der Kostenfolgen zeigen.»
Zwar schlägt der Stadtrat nun zwei Varianten vor, empfiehlt aber explizit jene ohne Ofenlinie. Bei der Abstimmung über die Reglementsänderung im Jahr 2021 habe die Durchführung von Kremationen und damit bei einer Ablehnung die Sanierung des Kremationsofens im Vordergrund gestanden, so Marbet, der damals noch zuständiger Baudirektor war. «Bei einer Annahme der Reglementsänderung wäre der Ofen stillgelegt worden; die Gebäudesanierung hätte hingegen nicht sofort erfolgen müssen. Wird nun allenfalls die Ofenanlage saniert, macht es aus finanziellen Gründen Sinn, die Gebäudesanierung gleichzeitig durchzuführen.» Offenbar hat es die Stadtregierung in seiner damaligen Zusammensetzung nicht für realistisch gehalten, dass das Stimmvolk für den Erhalt des Krematoriums stimmen könnte, sonst hätte sie entsprechende Abklärungen natürlich schon im Vorlauf der Abstimmung 2021 vornehmen können. Die Folge: Mit der erneuten geplanten Abstimmung werden jene düpiert, welche im Winter 2020 engagiert in ihrer Freizeit Unterschriften für das Referendum gesammelt hatten. Dass der Stadtrat nun trotz dieser Vorgeschichte die Variante ohne Erneuerung der Ofenlinie empfiehlt (welche die besagte Reglementsänderung beinhaltet, die das Volk nicht wollte) ist vieles, aber bestimmt keine gelebte direkte Demokratie.
Von den rund 20 grösseren Projekten, für welche die Stadt im kommenden Jahr Ausgaben vorgesehen hat (oder eben nicht), haben deren zwei den Segen des Stimmvolkes an der Urne erhalten: der Schulhaus-Neubau im Kleinholz und der Weiterbetrieb des Kremationsofens. Der Stadtrat aber setzt seine Prioritäten nicht nach dem Volkswillen, sondern eigenwillig. Je nachdem, um welches Projekt es geht, handelt er nach anderen Prinzipien. Beim Krematorium sind es wirtschaftliche Überlegungen. Der Stadtrat sieht für Kremationen auf Oltner Boden keinen Bedarf, da ein genügendes Angebot an Krematorien in der Umgebung vorhanden sei und der weitere Betrieb erhebliche Mehrinvestition erfordere. Rein wirtschaftlich betrachtet ein legitimes und für einen linkslastigen Stadtrat umso bemerkenswerteres Argument. Das Problem ist einzig die Willkür, mit der argumentiert wird. Man stelle sich den Aufschrei vor, die Exekutive würde bei kulturellen Projekten in ähnlicher Manier vorgehen.
Damit nicht nur der Stadtrat, sondern auch das Stimmvolk eine Ausgabenpriorisierung vornehmen kann, wäre es insofern hilfreich vor der allfälligen erneuten Abstimmung zu erfahren, was den eigentlich der Stand jenes Projekts ist, welches vom Volk im vergangenen Jahr an der Urne versenkt wurde und für den Stadtrat nach wie vor eine hohe Priorität hat: Die Entwicklung der Kirchgasse 10/12. Dazu teilt der Stadtpräsident trocken mit: «Der Finanz- und Investitionsplan 2024-2030 wird zum Zeitpunkt der Volksabstimmung vorliegen.» Gerüchten zu Folge soll das überarbeitete Projekt weiterhin den Neubau des Kunstmuseums an der Kirchgasse 10 vorsehen. An der Kirchgasse 12 sollen entweder die städtischen Bibliotheken vereint werden oder das Haus der Fotografie einziehen.
Im September 2020 reichte Muriel Jeisy-Strub (Fraktion Mitte / EVP / GLP) eine dringliche Motion ein, welche vom Parlament für erheblich erklärt wurde. Die Motion verlangte vom Stadtrat, dem Parlament rechtzeitig eine Vorlage zu unterbreiten, in welcher festgelegt wird, dass die finanzielle Unterstützung für die Einäscherung verstorbener Oltnerinnen und Oltner auch nach einer möglichen Stilllegung des Krematoriums im gleichen Ausmass wie bisher durch die Stadt Olten geleistet wird. Knapp zwei Jahre später, im August 2022, folgte der entsprechende Prüfungsbericht, welcher in aller Kürze festhielt: Da das Krematorium nicht stillgelegt wird, muss auch nichts mehr abgeklärt werden. Daher ist die Sachlage auch heute noch immer ungeklärt. Thomas Marbet meint dazu: «Inwiefern die Einwohnergemeinde die Kosten für die Kremation von Oltnerinnen und Oltnern in auswärtigen Krematorien subventionieren würde, ist ein politischer Entscheid und kann somit nicht vorausgesagt werden.» Was klar ist: Im Falle einer Erneuerung der Ofenanlage möchte der Stadtrat die Kremationsgebühren den umliegenden erneuerten Krematorien anpassen und von heute Fr. 500.- für Auswärtige bzw. 250.- für Einwohnende aus Olten und Starrkirch-Wil auf neu Fr. 600.- anheben, um den Ofen zu amortisieren. Fazit: Bei der kommenden Abstimmung im November wäre die Kostenfolge unklar. Im Prinzip müsste der Stadtrat nicht nur bei der Variante A ohne Ofenlinie eine entsprechende Reglementsänderung beantragen (Streichung der Gebühren), sondern auch gleich bei der Variante B mit neuer Ofenline (Anpassung der Gebühren). Für letzteres (und im Prinzip auch für ersteres) hätte die Stadt allerdings im Vorfeld das Gespräch mit der Gemeinde Starrkirch-Wil suchen müssen. Ein bestehender Friedhofvertrag zwischen den beiden Gemeinden aus dem Jahr 1964 mit 100 Jahren Gültigkeit hält gemäss einem Bericht des «Oltner Tagblatts» vom Dezember 2020 nämlich fest, dass den Einwohnern von Starrkirch-Wil bei Kremationen der halbe Minimaltarif für Auswärtige zu verrechnen sei. Auf Anfrage teilt Starrkirch-Wils Gemeindepräsident Christian Bachofner mit, die Gemeinde wolle sich erst zum Krematorium äussern, wenn die Änderung des Status quo beschlossen sei. Und: Seit der letzten Abstimmung habe zwischen den beiden Gemeinden in Bezug auf das Krematorium kein Austausch stattgefunden.
David Annaheim
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