Martin Richiger
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Im kommenden April wird der Oltner Gemeinderat neu gewählt. Aber welche Gemeinderatsmitglieder legen an den Debatten im Parlamentssaal eigentlich wie viel Engagement an den Tag? Die NOZ wollte es genauer wissen und hat alle Sitzungsprotokolle von September 2021 bis Juni 2024 analysiert.
Olten Die Debatte ist ein zentraler Bestandteil des Parlaments. Argumente werden vorgetragen, hinterfragt und in seltenen Fällen gelingt es sogar, die dicken Parteimauern zu durchbrechen und das politische Gegenüber zu überzeugen. All dies bedingt, dass miteinander geredet und einander zugehört wird. Nun wird selbstverständlich nicht nur während der Parlamentssitzungen miteinander gesprochen und wer wie abstimmt, ist (zu) oft schon im Vorhinein in Stein gemeisselt. Aber die Parlamentssitzungen sind die öffentliche Bühne der gewählten Volksvertreter der Oltner Legislative und somit auch eine Möglichkeit, jenen Werten, für welche sie gewählt wurden, Gehör zu verschaffen. Ein Blick auf die Auswertung der 32 Parlamentssitzungen von September 2021 bis Juni 2024 zeigt jedoch: Das mündliche Engagement der Volksvertretungen variiert im Parlamentssaal stark.
Am meisten hat sich Tobias Oetiker (Olten jetzt!) mit 4,44 Äusserungen pro Sitzung (142 Meldungen insgesamt) zu Wort gemeldet; am wenigsten Markus Wyss (FDP) – auf ihn entfallen von den im gemessenen Zeitraum total 2008 registrierten Äusserungen gerade mal deren zwei (!).
Die meisten Reaktionen pro Äusserung erhielt der inzwischen demissionierte Urs Knapp (FDP) mit 0,881 Reaktionen pro Äusserung (Details zur Berechnung siehe Kasten unten). Hingegen wurde auf die Äusserungen von vier Personen kein einziges Mal namentlich reagiert: Vivek Sharma (Olten jetzt!), Beat Felber (Die Mitte), David Plüss (FDP, demissioniert) sowie Markus Wyss (FDP).
In Kombination – also unter Berücksichtigung der Äusserungen wie auch der Reaktionen – hat ebenfalls Urs Knapp (FDP) den besten Wert erzielt. Darauf folgen, praktisch gleichauf, Matthias Borner (SVP), Philippe Ruf (SVP) und Christine von Arx (SP).
Was die Debatten-Beteiligung der Fraktionen betrifft, setzten sich ebenfalls die FDP, SP/Junge SP und SVP von den anderen ab. Dies ist insofern naheliegend, da die FDP und SP/JSP mit je neun Mitgliedern die grössten Fraktionen stellen und die SVP entsprechend viel Mitteilungsbedarf hat, was die Pläne der links-dominierten Regierung betrifft.
Auffällig ist, dass mit Christine von Arx (SP) nur eine Frau in den Parlamentsdebatten obenaus schwingt. Überhaupt ist die Fraktion der SP/JSP die einzige, bei welcher sich mehr Frauen (60,7 Prozent) als Männer geäussert haben, was auch daran liegt, dass sich die Fraktion mehrheitlich aus Frauen zusammensetzt. Dass Letzteres aber noch kein Garant für eine hohe Frauenbeteiligung ist, stellt Olten jetzt! unter Beweis: Obwohl deren Frauenanteil an den Sitzungen durchschnittlich 63,2 Prozent betrug (unter Berücksichtigung einzelner Abwesenheiten an den Sitzungstagen), beträgt der Äusserungsanteil der Frauen lediglich 30,5 Prozent. Dass der Frauenäusserungsanteil bei der SVP am niedrigsten ist (9,9 Prozent), kommt angesichts des niedrigen Frauenanteils der Partei (20,5 Prozent) hingegen wenig überraschend. Aber es bestätigt einen Trend: Während sich ein Gemeinderat im Schnitt 1,9 Mal pro Sitzung zu Wort meldet, tut dies eine Gemeinderätin nur 1,2 Mal. Bei allen Fraktionen – ausser bei der Fraktion Mitte/EVP/GLP – ist der Frauenäusserungsanteil niedriger als der eigentliche Frauenanteil der Fraktionen (wobei er bei den Grünen/Jungen Grünen fast ausgeglichen ist).
Wer sich oft äussert, erntet zusammengefasst in der Tendenz auch mehr Reaktionen pro Äusserung und trägt somit seinen Teil zu einer lebhaften Debatte bei. Diese Tendenz hält jedoch nur bis zu einem gewissen Grad an: Die drei Mitglieder, die sich am häufigsten (über vier Mal pro Sitzung) zu Wort gemeldet haben, weisen bezeichnenderweise nur eine mittlere Reaktionsquote auf. Weiter wurde das Reden zwar nicht jedem in gleichem Masse in die Wiege gelegt – und Schweigen ist auch im Parlamentssaal Gold, wenn die Debatte beginnt, sich im Kreis zu drehen –, doch einzelne Exponenten scheinen den Parlamentssaal (der Name rührt vom französischen Wort «parler», dt. reden) bisweilen mehr als Hörsaal zu interpretieren (mit dem Bonus, dass es im Parlament fürs Zuhören eine finanzielle Entschädigung gibt).
Bezüglich der Ausgewogenheit innerhalb der Fraktionen können sich alle von den Grünen/Jungen Grünen eine Scheibe abschneiden. Bei deren Mitgliedern schwingt zwar niemand obenaus, es ist aber auch niemand im Tabellenkeller rangiert.
David Annaheim
Untersucht wurden alle Protokolle der Oltner Parlamentssitzungen von September 2021 bis Juni 2024.
Als «Äusserung» wurden alle protokollierten Wortmeldungen der Gemeinderatsmitglieder gewertet (Einzelsprecher, Fraktionssprecher, Kommissionssprecher, Auftraggeber, etc.) – mit Ausnahme der Äusserungen des jährlich wechselnden Parlamentsvorsitzes.
Als «Reaktion» wurde gewertet, wenn Person X mit Namen auf eine vorherige Äusserung angesprochen wurde, z. B. «Ich schliesse mich dem an, was X gesagt hat» oder «Ja, lieber X, so ist es mit der freien Marktwirtschaft...».
Der «Impact-Score» gibt an, wie viel Einfluss Person X durchschnittlich auf die Debatten im Parlament hatte. Je höher der Wert, um so höher der Einfluss. Der Wert wurde berechnet, indem die durchschnittlichen Äusserungen einer Person pro Sitzung mit dem Faktor 100 und anschliessend mit dem Mittelwert der erhaltenen Reaktionen pro Äusserung multipliziert wurden. Es ist somit ein Mischwert aus dem verbalen Engagement, welches ein Gemeinderatsmitglied an den Parlamentssitzungen an den Tag legt, gepaart mit der Resonanz, auf welche das Engagement bei den anderen Mitgliedern stösst.
Was sagt der Impact-Score nicht aus: Der Wert sagt nicht aus, wie viel Einfluss Person X auf den eigentlichen Ausgang der Abstimmungen im Parlament hat. Es ist auch kein Indikator, wie stark sich Person X ausserhalb der Parlamentssitzung für die eigene Partei/Fraktion engagiert.
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